[5] Music was my first love and it'll be my last
Und nun die erlebte Geschichte mit Musik, durch die ich durch Novotnas Beitrag erinnert wurde:
Vor ca. 15 Jahren entdeckte ich die Balkan-Brass-Band FANFARE CIOCARLIA
War sofort begeistert, und von ihrer geradezu märchenhaften Geschichte bezaubert (eine kleine Dorfkapelle aus einem winzigen Kaff in Rumänien, die per Zufall entdeckt wurde und mitlerweile auf Welttournee ist), sodass ich völlig aus dem Häuschen war, als sie vor 5 Jahren in meiner Stadt spielten.
Der Konzertraum war voll besetzt, und die Leute standen dicht gedrängt. Als sie anfingen zu spielen blieb das Publikum jedoch relativ reserviert, applaudierten viel, aber standen da und tanzten nicht, was mir bei dem mitreißenden Sound einfach unbegreiflich war. Ich sah auch die Bandmitglieder dies irritiert und ein wenig unbehaglich, traurig betrachteten und drein schauten. Es tat mir so leid, da ich das Gefühl und diese Situation als Musiker ja auch kenne. Ich konnte einfach nicht stillhalten und tanzte trotzdem als einziger weiter. Dann raunten mir jemand zu, ich sollte das woanders machen und aus dem Weg gehen. Da ich die Location kannte, und dort schon oft spielte, ging ich in einen Gang, welcher in den Konzertsaal seitlich vor der Bühne mündete, und mit Blick auf die Bühne ausgelassen ohne jemand die Sicht zu nehmen.
Nach einiger Zeit vernahm ich auf einmal von der Bühne: "Oh, I see a young man dancing over there. Come to the front, cheer up the crowd". Ich realisierte es erst garnicht, dann bemerkte ich die zahlreichen Blicke auf mir und sah wie der Bandleader mich anlächelte und zur Bühne aufforderte. Ich war zutiefst peinlich berührt, als sah, wie alle mich erwartungsvoll anstarrten. Ich ging vor die Bühne, wobei die Leute einen halbkreis um mich bildeten. Ich war absolut aufgeregt, da ich nun kein professioneller Tänzer bin (außer das ich ne zeitlang mal in ner New Style Formation und nen Standardtanzkurs getanzt hab) und es mir absolut unangenehm war, wie jede meiner Bewegungen aufmerksam begutachtet wurde und fühlte mich auch irgendwie ertappt. Ganz zu schweigen von der Tatsache, dass der Bandleader der Band die ich schon so lang verehre, persönlich aufforderte. Ich war erst zaghaft in den Bewegungen, doch als sie meinen Lieblingssong von ihnen spielten (den bekannten Jazzstandard "Caravan" in einer besonderen Interpretation) war ich nicht mehr zu halten.
Es fingen sich an einige Leute zu bewegen. Ich schloss die Augen. Ich tanzte ausgelassen. Die Aufregung stieg, mein Herzschlag wurde immer stärker auch durch die Anstrengung, da auch der Raum ziemlich aufgeheizt war. Mein Herz find an zu schmerzen. Mir wurde schwindlig. Da ich Kreislaufpatient und Herzanfälle hat war ich in Alarmbereitschaft. Das Herz schmerzte mehr. Ich dachte: "Toll jetzt krieg ich nen Herzinfarkt. Verdammt, dabei wollt ich doch noch so viel machen.
Doofe Art aus dem Leben zu scheiden". Doch dann erfüllte es mich wie eine Schlag. Nein, keine doofe Art aus dem Leben zu scheiden, sondern die wohl schönste die ich als leidenschaftlicher Musiker erleben kann. "Music was my first love, and it'll be my last". Ich dachte, und wenn es so ist, dann ist es jetzt der schönste Moment dafür. Ich ignorierte die Schmerzen und tanzte einfach weiter. Nein, wenn dann war es der richtige Moment. Die Schmerzen hielten an, ich dachte jeden Moment das wars, aber ich tanzte weiter. Bis zur letzten Note des Stücks. Dann taumelt ich zur Seite und blieb japsend an die Wand gelehnt liegen. Mir ging es furchtbar, aber ich fühlte mich irgendwie glücklich. Denn ich sah wie um mich herum die Leute wild tanzten und auch die Bandmitglieder strahlten. Mir halfen einige Leute aus dem Publikum auf, und wir tanzten alle ausgelassen weiter. Der Bandleader strahlte, zwinkerte mir zu, winkte mich zur Bühne und gab mir high-five und bedankte sich bei mir.
Ich war so gerührt. Nach dem Konzert plauderte ich mit ihm und einigen anderen Bandmitglieder, und waren uns sofort sympathisch, und er bedankte sich ausgiebig bei mir. Nun hab ich nen Plakat mit den Autogrammen der Bandmitglieder in der Küche hängen.